Fundus

oder

Die Bundeslade

 

Der Unterschied der Literatur zum Leben ist doch das Schöne, dass der Autor immer den Schluss formulieren kann, den er am liebsten möchte. Wenn Sie der gleichen Meinung sind und abends auch immer beten: Lieber Gott, lass mich fröhlich sein, traurig bin ich von allein! dann wird Ihnen auch die folgende Geschichte unter Freunden gefallen - speziellen Freunden, Kameraden und zwei Priestern – im militärischen Sicherungsbereich. Vorsicht: Gebrauch von Schusswaffen.

 

1.

Auch ein erneutes Zählen, erbrachte kein anderes Ergebnis: Es war und blieb eine Transportkiste zuviel.

Kommodore Schmidt betrachtete die Kisten, die im Hangar des Stützpunktes aufgereiht standen: Alle sahen gleich aus: Er hätte nicht sagen können, welche davon die überschüssige war.

Hatten die Kameraden des Luftwaffenstützpunktes Andrews ihm einen Streich gespielt - als Abschiedsgruß?

Überraschen würde es ihn nicht.

Die Langeweile, als Ausbilder der deutschen Kampfbomberpiloten in der amerikanischen Wüste, hatte sie manche Scherze ausdenken lassen: Er würde es sehen.

Kommodore Schmidt winkte dem Gabelstaplerfahrer und dem bereitstehenden LKW, die Kisten aufzuladen und sie zu seinem Haus in der Offizierssiedlung des Stützpunktes zu transportieren.

Seine Frau und ihre beiden Kinder würden erst in zwei Tagen mit einer Lufthansamaschine in Hamburg eintreffen: Bis dahin sollten die Kisten ausgepackt, das Haus wohnlich und auch diese Frage geklärt sein.

 

2.

Der Logistikoffizier war offensichtlich eine Beamtenseele: "Wie wollen Sie denn beweisen, dass es nicht Ihre Kiste nicht?"

"Wenn Sie mein Haus besichtigen, dann werden Sie sofort sehen, dass es vollständig eingerichtet ist, und nichts fehlt!"

"Und Ihren Müll wollen Sie jetzt auf Kosten der Luftwaffe, also auf Staatskosten, entsorgen?"

"Nein!"

"Und warum soll dann diese Kiste nach Andrews zurückgebracht werden? Wir haben hier auch Deponien. Was ist denn überhaupt in der Kiste drin?"

"Das weiß ich nicht."

"Und Sie erwarten, dass ich, nur weil Sie diese Kiste loswerden wollen und mir nicht sagen können, was es eigentlich ist, Ihrem Ansinnen entspreche?"

Kommodore Schmidt wurde grantig: "Ich überprüfe doch auch nicht, womit die Bomben gefüllt sind, die uns unter die Tragflächen gehängt werden! Mein Wort als Offizier muss Ihnen genügen!"

Nun, so leicht ließ sich der Logistikoffizier nicht beeindrucken: "Zwischen einer Kiste und einer Bombe gibt es so gewisse Unterschiede: Zum Beispiel braucht ihre Kiste, falls wir sie denn transportieren sollten, korrekte Frachtpapiere, in denen der Inhalt vollständig aufgelistet ist."

 

3.

Wutschnaubend dachte Kommodore Schmidt an das Gespräch mit dem befehlshabenden Logistikoffizier des Stützpunktes: Missmutig stand er in der Garage seines Hauses und betrachtete schlechtgelaunt diese letzte Kiste, die ihm nicht gehörte.

Irgendetwas stimmte damit nicht: Warum war sie bis zum Schluss übrig geblieben?

Während die Soldaten eine Kiste nach der anderen aufgestemmt hatten, war er bei jeder neuen Kiste neugierig gewesen, ob etwas zum Vorschein kam, was er nicht kannte: Alles war stets so, wie er und seine Frau es verpackt hatten.

Er hatte sie den Kameraden in Andrews ungeöffnet zurückschicken wollen, den Spieß umzudrehen und ihnen einen Streich zu spielen.

Der Logistikoffizier hatte sich schon dem ‚Return to sender. Address unknown’ verweigert. Das würde nicht gehen, da seine, Schmidt’s Adresse, schließlich bekannt sei, außerdem sei er selber der Absender: Wie wolle er eine Kiste an sich selbst in Andrews schicken, wenn er jetzt hier in Deutschland sei?

Wenn es dieser Bürohengst so wollte, würde er den Inhalt überprüfen müssen.

Wutschnaubend trieb er das Eisen des Kuhfußes zwischen die Kistenbretter.

Schon als die erste Seitenwand offen war und er in die Kiste geblickt hatte, musste er überrascht auflachen: Ein Büfett! Einen riesiges Gartenbüfett für fünfzig Gäste gleichzeitig.

Die Kameraden mussten auf dem ganzen Stützpunkt Geld gesammelt haben, ihm dieses Monstrum mit Abdeckhaube zum Abschied zu schenken.

Gedankenverloren grinste er vor sich hin: Die Gartenpartys in Andrews ... die waren schon Legende.

Klotzig stand das Büfett auf dem Holzboden der Kiste: fest verschraubt: mit vier kräftigen Stützen, auf denen die Warmhaltetonne lagerte, deren oberer Halbkreis nach hinten zurückgeschoben werden konnte.

Allerdings hatte er keine Rollen an den Stützen, sondern anscheinend Halterungen, in die vermutlich Tragestangen eingeschoben werden konnten.

Kommodore Schmidt war beeindruckt. Ein Büfett mit derart aufwendigen Verzierungen hatte er bisher noch nicht gesehen: Weder in Andrews noch in einem der vielen Versandhauskataloge, die er dort durchgeblättert hatte.

Ein Teil der Verzierungen schienen Schriftzeichen zu sein: Keine Buchstaben des römischen Alphabets, eher eine geschwungene Keilschrift: Er versuchte sich zu erinnern, wo er solche Schriftzeichen schon einmal gesehen hatte.

 

4.

Das: "Hallo!" an der Gartenpforte ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken.

Ein Offizierskollege, der ihn begrüßen wollte. Doch dann erkannte er die Kreuze auf den Schulterklappen: ein Militärseelsorger: der katholische.

"Hallo, Hochwürden. Kommen Sie doch herein!"

Sie schüttelten sich die Hand.

"Guten Tag, Kommodore, ich wollte Sie nur begrüßen und fragen, ob ich irgendetwas für Sie tun kann?"

Der Priester kam ihm gerade recht: "Das ist prima. Sie können mir helfen, das große Büfett aus der Garage auf die Veranda zu tragen. Sie können sich das Monster schon ‘mal anschauen. Ich hole mir eben noch ein Bier. Möchten Sie auch eins?"

"Nein, Danke. Ich faste zur Zeit."

Während der Kommodore im Haus verschwand, betrachtete der Priester die Anrichte in der Garage.

Es dauerte nicht lange, das Bier stand schließlich schon im Kühlschrank bereit, als Kommodore Schmidt wieder um die Ecke bog.

"Nun, Hochwür...", der Kommodore war so abrupt stehen geblieben, als sei er plötzlich gegen eine unsichtbare Wand gelaufen.

Er versuchte zu verstehen, was er in seiner Garage sah. Der Priester lag lang ausgestreckt vor dem Büfett auf dem Boden und schien heftig zu murmeln.

Er hatte so etwas schon einmal im Fernsehen gesehen - als junge Männer zu Priestern geweiht wurden und zum Zeichen ihrer Demut genauso vor dem Hochaltar lagen.

Er stellte die Bierdose vorsichtig auf das Büfett und klopfte dem Priester aufmunternd auf die Schulter: "Hallo, Hochwürden, ist Ihnen nicht gut?" Vielleicht hatte der es mit dem Fasten übertrieben und einen plötzlichen Schwächeanfall? Sollte er gleich nach der Ambulanz telefonieren?

Statt einer Antwort hatte sich der Priester aufgerichtet, kniete vor dem Monster-Büfett und blickte den Kommodore mit verklärten Augen an: "Das Auge Gottes."

"Bitte? Wessen Auge?"

"Die verschollene Lade des alten Bundes mit den Gesetzestafeln ...", die schwärmerische Stimme wurde leiser, "... und Gott der Herr hat ihr Haus auserwählt, um sich der Menschheit ein drittes und letztes Mal zu offenbaren."

Offenbar handelte es sich augenscheinlich um eine Verwechslung. Anders konnte sich der Kommodore das seltsame Gebaren des Militärseelsorgers nicht erklären.

"Merkt auf, ihr Himmel, ich will reden, und die Erde höre die Rede meines Mundes. Meine Lehre rinne wie der Regen, und meine Rede riesele wie Tau, wie der Regen auf das Gras und wie die Tropfen auf das Kraut. Denn ich will den Namen des HERRN preisen. Gebt unserem Gott allein die Ehre! ... Fünftes Buch Mose, Vers 32."

Besorgt hatte der Kommodore während des Singsang des Militärseelsorgers gen Himmel geblickt, ob es regnen könnte: Kein Wölkchen trübte den blauen Himmel und den Sonnenschein: Wovon redete der Mann?

"So sollen nun meine Augen offen sein und meine Ohren aufmerksam auf das Gebet an dieser Stätte. So habe ich nun dieses Haus erwählt und geheiligt, dass mein Name dort sein soll ewiglich, und meine Augen ..."

"He, Sie!" Der Kommodore rüttelte den Priester heftig an der Schulter: "Ich glaube nicht, dass meine Frau damit einverstanden sein wird, wenn ...", dabei zerrte er zornig den Seelsorger zum Aufstehen in die Senkrechte und blickte ihn dann entgeistert an: Der Priester schien durch ihn hindurch zu blicken.

"Das Auge ist des Leibes Leuchte. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein! Matthäus sechs, ..."

Nun reichte es dem Kommodore: "Verlassen Sie mein Grundstück und treiben Sie ihren Schabernack woanders!" Damit hatte er den Seelsorger umgedreht und schob ihn die Auffahrt hinunter, aus dem Gartentor hinaus.

Den Priester schien es nicht zu stören: Lichten Auges wandelte er den Bürgersteig der Offizierssiedlung entlang und sprach offensichtlich mit sich selbst.

Der Kommodore schüttelte ärgerlich den Kopf: Das konnte ja heiter werden.

Er wusste um die tiefe Gewissensproblematik der Militärseelsorger, aber einen durchgeknallten Priester hatte er noch nicht persönlich erlebt.

Er würde sich mit dem Standortkommandanten in Verbindung setzen.

Jetzt wollte er erst einmal klären, wie er das Büfett aus der Garage auf die Veranda bekam, oder vielleicht besser gleich in die hintere Gartenecke.

 

5.

Der Militärseelsorger musste telefoniert haben. Zumindest gab es keine andere Erklärung, als der General der Luftwaffe den Kommodore am nächsten Tag aus einer Dienstbesprechung heraus zu sich rufen ließ: "Guten Morgen, Schmidt."

Schmidt grüßte: "Guten Morgen, Herr General!"

Der Kommandant stand am Fenster seines Dienstzimmers, im dritten Stock des Hauptgebäudes, und sah hinaus: "Können Sie mir erklären, warum die Schwarzröcke dort alle zu Ihnen wollen?"

"Wer?"

Der Kommodore war neben den General an das Fenster getreten und erblickte vor dem Tor des Luftwaffenstützpunktes eine Traube schwarz gekleideter Männer, die die Zufahrtsstraße versperrten: Die Wachmannschaft hatte offensichtlich Mühe, die Männer zurückzudrängen und war gerade dabei, das Eisentor zu verschließen.

"Zu mir?"

"Ja. Ihr Anführer ist unser friedlicher Militärseelsorger Meyer-Parchim, der behauptet, bei Ihnen sei Gott erschienen."

"Ach Blödsinn, der verwechselt mein amerikanisches Monsterbüfett mit der verschwundenen Bundeslade aus dem Alten Testament." Kurz berichtete er das Geschehen des vergangenen Tages.

"Mmh. Das Auge Gottes?" Der General schien zu überlegen: "Gut, dann wollen wir uns mal Ihr Gartenbüfett anschauen."

 

6.

Nachdenklich stand der Kommandeur in der Garage seines Geschwaderkommodores.

Die Schriftzeichen sahen sehr nach Hebräisch aus.

Vermutlich hatte sie der Priester entziffern können.

Still verfluchte der Kommandeur die klassische Bildung.

Leise murmelte er: "Ich glaube, wir haben da ein Problem."

Er wandte sich an Schmidt: "Haben Sie schon mal versucht, den Deckel des Büfetts... oder des Dings hier, zu öffnen?"

Misstrauisch betrachtete der Kommodore den Büfettzylinder: "Gestern wollte ich es gerade tun, als Meyer-Parchim vorbeikam und die Schoße begann. Wenn es nun tatsächlich die Bundeslade sein sollte ..."

"Ja?"

"Also, ich habe davon gehört, dass man den Deckel lieber nicht unbefugt öffnen sollte ..."

"Verstehe!" Der General wandte sich an seinen Adjutanten: "Deckert, alarmieren Sie unsere Feuerwerker. Die sollen mit ihrer ganzen Ausrüstung hier umgehend antraben."

Während der Adjutant abtrabte, schüttelte der Kommodore tiefsinnig den Kopf: "Also, wie ich das meiner Frau erklären soll, wenn sie morgen nachmittag hier ankommt? Ich weiß nicht."

"Da machen Sie sich mal keine Sorge ..."

Die quietschenden Bremsen des Jeeps der Militärpolizei unterbrachen ihn.

"Herr General ...!" Aufgeregt rief es der Feldwebel den Offizieren entgegen, war nah, machte Männchen und sprudelte heraus: "Gerade sind drei Autobusse mit orthodoxen Juden vorgefahren und blockieren das Tor! Es sollen noch weitere kommen!"

"Scheiße!" Ungewollt war es dem Kommandeur herausgerutscht: "Bei den katholischen Priestern hätten wir schon keine Militärpolizei einsetzen können - da hätte uns die Landespolizei helfen müssen, um die vom Tor fortzutragen, aber orthodoxe Juden ... Stellen Sie sich mal vor, was passieren würde, wenn wir den Zugang zur Basis jetzt räumen lassen!"

"Gott bewahre!"

"Schmidt! Ich bitte Sie ... der hat uns hier gerade noch gefehlt!"

 

7.

Die Feuerwerker hatten nach eingehender Beratung entschieden, dass ‚Ding’, wie es nun allgemein hieß, erst röntgen zu wollen, bevor sie weiteres unternahmen.

Allerdings fühlte keiner die Kompetenz, zu entscheiden, ob das Ding bewegt werden dürfe oder nicht.

Also wurde die Garage verschlossen, die Nachbarhäuser geräumt und der Kommodore, wie seine Nachbarn, im Hauptgebäude der Luftwaffenbasis einquartiert, die Militärpolizei würde auf die Garage aufpassen: Alles war unter Kontrolle.

 

8.

"Jetzt sind es bereits mehrere Hundert!", meldete der Adjutant des Kommandeurs dem Krisenstab, der im Büro des Generals tagte: "Und jetzt ...!"

Der Ausruf ließ die Offiziere an die Fenster eilen.

Gerade wurde mitten auf der Straße ein riesiges Holzkreuz aufgerichtet: Rundherum waren Dutzende von Orthodoxen eifrig dabei, den Straßenbelag aufzuhacken und einen Graben auszuheben.

"Die auf der Hardthöhe haben gut lachen!", fluchte einer der Stabsoffiziere, "... schließlich werden die nicht belagert!"

"Nun steht uns nur noch der Himmel offen!", lachte ein anderer: "Auf Tornados Schwingen eilen wir ..."

"Ingwersen, beherrschen Sie sich!" Der Kommandeur hatte keinen Sinn für Humor in kriegerischen Situationen.

"Aber die Idee ist doch garnicht so verkehrt", meinte nun der Adjutant. "Wir könnten das Ding doch einfach mit einem unserer Hubschrauber wegschaffen."

"Deckert! Nehmen wir einmal an, wir entscheiden uns dafür, das Ding zu bewegen und von hier wegzuschaffen, genau das wollen die Schwarzröcke verhindern, und ...", das Klingeln des Telefons vor ihm unterbrach die Überlegung des Kommandeurs. Er hörte zu, legte auf, "... das hat uns der Inspekteur der Luftwaffe gerade untersagt. Wir sollen nur die Stellung halten und keinerlei Komplikationen provozieren. Die Telefone bei denen laufen heiß und er wird selber kommen, wenn sich irgendetwas geklärt hat."

 

9.

Kommodore Schmidt starrte gegen die Decke. Das ungewohnte Feldbett ließ ihn nicht einschlafen.

Leise klopfte es an der Tür.

Ja!

Der Unteroffizier vom Dienst trat ein, grüßte und reichte ihm einen Brief: "Ich habe gedacht, Sie sind noch nicht bei der Poststelle vorbeigekommen und da Sie ja nicht zu Hause wohnen ..."

"Danke. Gut gedacht!"

"Dann, Gute Nacht!"

"Gute Nacht und gute Wacht!" Schmidt kannte diese nicht-enden-wollenden Wachnächte.

Neugierig drehte er den Umschlag in der Hand: Wer sollte ihm hierher schreiben?

Die amerikanischen Briefmarken und der Absender: anscheinend die Kameraden aus Andrews:

Lieber Kurt! Unsere Barbecue-Runde ist um einiges stiller geworden, seitdem du abkommandiert worden bist und uns verlassen hast.

Wir hoffen, dass uns unsere Überraschung gelungen ist, und du die überzählige Kiste inzwischen geöffnet hast, die wir in Euer Umzugsgut hinein geschmuggelt hatten.

Die ‚Grill-Truppe’ hat gesammelt und euch für fröhliche Barbecue-Runden in der Heimat aus dem Fundus der Universal Studios in Hollywood ein wunderbares Teil aus dem ersten ‚Indiana Jones’-Film von Spielberg ersteigert: die Bundeslade, die wir dann als Farmer-Grill haben umarbeiten lassen. Als Gruß und Spaß aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Happy Grill-Partys! Deine ... und die Unterschriften.

Schmidt lachte überrascht auf: Seine Frau und die Kinder würden sich freuen: ‚Barbecue in Germany’ war nun also doch möglich, dabei hatte er den Kindern immer zu erklären versucht, dass die deutschen Grills eben nicht so groß seien, und sie dann eben etwas Geduld haben müssten, wenn sie alle ihre Freunde eingeladen hätten - außerdem hätten sie noch keine Freunde in Deutschland ... Alles das war jetzt geklärt.

 

10.

"Sie können ja mal rausgehen und den Schwarzröcken da erzählen, dass sie einen Barbecue-Grill als Offenbarung Gottes verehren!"

Wutschnaubend schüttelte der aufgeweckte Kommandeur den Brief in der Hand. Er hatte schon geschlafen und hasste es, vor Mitternacht geweckt zu werden. Schließlich begannen Kriege auch immer erst im Licht des Morgengrauens.

"Und was fang ich nun damit an?"

Unschlüssig wanderte er im Raum hin und her.

"Wenn wir denen die Wahrheit sagen, dann steinigen die uns wegen Gotteslästerung, weil wir angeblich die Bundeslade in einen Grill umgearbeitet haben ..."

"Aber es stimmt doch, das es tatsächlich einmal die Bundeslade war ..."

"Schmidt! Das erzählen Sie niemandem!"

"Jawohl, Herr General!"

Der Kommandeur grübelte laut: "Wenn wir andererseits denen das Ding als Bundeslade übergeben und die gucken da hinein und finden nicht die beiden Steinplatten mit den Zehn Geboten, sondern einen Grillrost und eine Packung Holzkohlenanzünder, werden die doch glatt behaupten, wir hätten die echte Bundeslade immer noch!"

"Herein!" Es hatte geklopft: Ein Offizier trat ein: mit Kreuzen auf den Schulterklappen.

"Was wollen Sie denn hier?" Missmutig betrachtete der Kommandeur den evangelischen Militärseelsorger.

"Ich wollte Ihnen eine Idee vortragen, die mir beim Lesen in der Bibel gekommen war."

"Wenn’s sein muss. Gott sei’s getrommelt und gepfiffen!"

 

11.

Und so geschah es in der Dunkelheit des aufkeimenden Morgens, dass ein gleißender Lichtkranz und ein Getöse am Himmel erschienen.

Die Schwarzberockten schreckten auf und starrten furchtsam gen Himmel, als eine dröhnende Stimme ertönte: "Ich bin der Herr, Euer Gott! Wer von Euch ohne Sünde ist, der erhebe sich!"

Keiner stand auf.

"Doch alle ihr anderen, gehet demütig nach Hause und geht in Euch. Schweigt, was ihr hier gesehen habt und redet zu Niemanden darüber. Kommt wieder, wenn ihr euch geläutert habt und Gottes würdig seid."

Alle Schwarzberockten lagen noch wie erstarrt vor dieser himmlischen Erscheinung auf dem Boden.

Der Hubschrauberpilot drehte grimmig entschlossen den Verstärkerregler des Mikrofons nach oben, legte noch etwas mehr Hall hinein und ein ohrenbetäubendes Dröhnen ließ die schwarzen Heerscharen aufspringen: "Nun stehet auf und wandelt!!! Oder soll ich euch Beine machen!!!"

Und ein Sturm erhob sich, dass die Erde in die Luft geschleudert wurde: Die staubige Feuersäule Gottes!

 

12.

Die übermüdeten Mitglieder des Krisenstabes tranken still ihren Kaffee.

"Wer hatte eigentlich die Idee der Gotteserscheinung?"

Der Kommandeur kicherte: "Gottes evangelischer Stellvertreter!" Er hatte seinen Humor wiedergefunden, wie er meinte.

Der evangelische Militärseelsorger rührte ungerührt in seinem Kaffee: "Ein wahrer Glauben will keine Beweise: Er sieht, was er zu sehen glaubt."

 

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